Samstag, 19. März 2011

Die Weidenkätzchen

Kätzchen, ihr, der Weide,
wie aus grauer Seide,
wie aus grauem Samt!
O ihr Silberkätzchen,
sagt mir doch, ihr Schätzchen,
sagt, woher ihr stammt.

“Wollen’s gern dir sagen:
Wir sind ausgeschlagen
aus dem Weidenbaum;
haben winterüber
drin geschlafen, Lieber,
in tieftiefem Traum.”

In dem dürren Baume
in tieftiefem Traume
habt geschlafen ihr?
In dem Holz, dem harten,
war, ihr weichen, zarten,
euer Nachtquartier?

“Musst dich recht besinnen:
Was da träumte drinnen,
waren wir noch nicht,
wie wir jetzt im Kleide
blühn von Samt und Seide
hell im Sonnenlicht.

Nur als wie Gedanken
lagen wir im schlanken
grauen Baumgeäst;
unsichtbare Geister,
die der Weltbaumeister
dort verweilen lässt.”

Kätzchen, ihr, der Weide,
wie aus grauer Seide,
wie aus grauem Samt!
O ihr Silberkätzchen,
ja, nun weiß, ihr Schätzchen,
ich, woher ihr stammt!

Christian Morgenstern









3 Kommentare:

  1. Kennst Du die "Weidenkätzchen" auch als Lied?

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  2. Ja, aber die Melodie ist mir nicht so geläufig. Ich muss immer erst nachschauen (und mir auf der Flöte vorspielen;-)), bevor ich es mit meinen Kindern singe...Dabei ist die Melodie eigentlich sehr einprägsam.

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  3. Ja, man muß die Melodie nur immer wieder singen, dann behält man sie schon. Ich spiele mir sie im Frühjahr auch oft erstmal auf der Flöte vor.

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